Zeit für Playfulness

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„Ich habe gehört, dass Sie in Workshops gern spielen. Bei uns wird das nicht funktionieren.“ Das sagen Leute mir oft, wenn Sie mich zu einem ersten Kennenlerntermin eingeladen haben. Playfulness? Ist hier wohl nicht angesagt!

Ich antworte dann freundlich: „Mag sein…“ und lege beiläufig drei gelbe Klemmbausteine auf den Tisch.

Dann entwickelt sich das Gespräch um den Auftrag und wie von Zauberhand greift mein Gegenüber zu den Steinen und fängt an mir die Situation zu erklären. „Also das hier, Frau Dellnitz, ist der Vorstand,“ und zeigt auf den ersten gelben Stein. „Das hier bin ich und greift nach dem nächsten und hier mein Team.“

Und schon sind wir mittendrin. Wenn wir den Steinen eine Bedeutung verleihen, sie als Gedankenstütze nutzen, als Möglichkeit, eine Situation zu erklären oder eine Lösung, zu simulieren. Dann ist das alles schon ein Spiel. Und kein bisschen lächerlich, sinnlos oder albern. Sondern einfach nur: Hilfreich.

Spielen wird in unserer Geschäftskultur sträflich vernachlässigt.

Wir – als Autor:innen-Team – glauben, dass Spielen in unserer Geschäftskultur sträflich vernachlässigt wird. Zu Lasten der Freude, der Tatkraft, der Innovationskraft, der Fähigkeit zu Lernen und als Unternehmen über sich hinaus zu wachsen. Playfulness fehlt.

Denn das Spielen ermöglicht uns, die Dinge anders wahrzunehmen. Und anders zu machen. Und das ist dringend erforderlich. Bei der Recherche zu unserem haben wir ein paar wie wir finden erschütternde Zahlen gefunden:

  • Rund die Hälfte aller Führungskräfte in Deutschland kommt ihrer Führungsarbeit nicht unbeschwert nach. Grund dafür sind diffuse Ziele, zu viel Bürokratie, ein schwieriges Verhältnis zum Team.
  • 22 Millionen der Erwerbstätigen leiden bei der Arbeit. Überspitzt gesagt entspricht das 84 Milliarden Euro Schmerzensgeld – jeden Monat. Potenzial, das brach liegt in einem Land der Wissensarbeit. Dabei werden sich über 40% der Jobs und Tätigkeiten, die wir heute kennen in den nächsten 10 Jahren durch die Digitalisierung grundlegend verändern, vieles wird durch Maschinen geleistet werden.
  • 89% der Deutschen wünschen sich von Unternehmen nachhaltige Produkte. Mehr Klimaschutz, mehr Bewusstsein für Vielfalt und weniger Verschwendung sind die Zukunftstrends. Und die Gruppe, die dafür mehr bezahlen würden, wächst stetig.

Das ist größer als eine digitale Transformation.

Das alles ist größer als eine nur digitale Transformation. Es fordert uns als Menschen in unsere Kreativität, unserer Fähigkeit Probleme zu lösen, kompetent zu kommunizieren und sozial miteinander umzugehen.

Das Spielen kann Teil der Antwort auf all diese Fragen sein. Es bietet uns einen sicheren Rahmen, Dinge auszuprobieren und Ideen zuzulassen, die wir im echten Leben für noch nicht machbar oder noch nicht möglich halten. Es erlaubt uns, uns selbst neu zu entdecken, uns in anderen Rollen und Verhaltensweisen zu erleben. Es holt uns als Individuen und als Teams in den Moment und wenn alles gut läuft, bringt es uns mit unseren Fähigkeiten und unsere ureigensten Kreativität in Kontakt.

Und genau diese Neu-sortieren-neu-machen-Stimmung brauchen wir in den Unternehmen 2021 – insbesondere nach den Pandemie Monaten und mitten im Klimawandel. Der Weg mag für viele noch unklar sein, das Unbekannte überwiegen. Damit gut umzugehen, wird eine wichtige Kompetenz in unserer enorm dynamischen Welt.

Playfulness im Job, also spielerisches Arbeiten wie wir es in unserem Buch „Daily Play“ beschreiben, kann uns helfen die Welt anders wahrzunehmen. Wenn wir anfangen, die Dinge die wir erleben mit anderen Augen zu sehen, die Informationen, die wir erhalten neu und anders zu verarbeiten, dann steigt die Wahrscheinlichkeit, dass wir sie auch anders machen. Und besser machen.

Dieser Text ist die Mitschrift zu unserem Vortrag auf der Daily Play Buchparty am 1. Juni 2021. Er ist in Zusammenarbeit mit Kerstin Wehner entstanden. Kerstin Wehner hat 2020 als Beraterin im Team von smidig mitgearbeitet. Sie ist Mitautorin von „Daily Play. Agile Spiele für Coaches und Scrum Master.“