Dina Sierralta erklärt, weshalb Arbeit wegwerfen eine gute Sache sein kann.
Im November habe ich ein Experiment gewagt. Ich habe mein erstes Webinar zum Thema Agile Grundlagen gegeben. Mein Testfeld war der Freiberufler Projektmarkt auf XING. Da in vielen Projekten zunehmend mit Freiberuflern gearbeitet wird, habe ich angeboten, dort ein Webinar über Agile Grundlagen zu halten, um zu testen, ob sich die Inhalte gut über ein Webinar vermitteln lassen. Das Interesse war mit 600 Anmeldungen sehr gut.
Eine Frage fand ich so spannend, dass ich sie zum Anlass für diesen Artikel genommen habe:
Frage: Wie kann ich denn verhindern, daß ich das, was ich in der (kleinen) Etappe 1 entwickelt habe nicht in Etappe 5 wieder wegwerfen muß, weil ich merke, daß ich die falschen Methoden verwendet habe und das Fundament nicht tragfähig ist?
Das kannst und sollst Du gar nicht verhindern! Wenn etwas sich in Etappe 5 als nicht tragfähiges Fundament herausstellt, wäre das super. Denn dann hättet ihr das im Vergleich zu anderen Projekten ziemlich früh herausgefunden.
Nicht sentimental werden….
Es ist nur allzu menschlich zu denken „Ach Mist, jetzt haben wir doch schon so viel Arbeit/Zeit/Geld/Material….reingesteckt. Das mag ich nicht alles wegwerfen. Aber viel schlimmer wäre es, auf dieser Basis immer weiterzubauen und dann viel später noch unglaublich viel mehr Arbeit/Zeit/Geld/Material…wegzuwerfen.
Das Wort Fundament sagt ja schon, dass wir Dinge entwickeln, die darauf aufbauen. Und je eher wir entdecken, dass das Fundament nicht tragfähig ist, desto besser für alle Beteiligten.
Hier helfen beim agilen Arbeiten die regelmäßigen Zusammenkünfte. Um im Austausch die regelmäßig entstehenden Ausbaustufen (Inkremente) miteinander zu inspizieren und gegebenenfalls frühzeitig zu entdecken, dass der eingeschlagene Weg nicht zielführend ist und Alternativen zu entwickeln.
Zu dem Denken und Handeln, dass vielen von uns sehr vertraut ist, gehört es, dass wir hoffen durch gründliches Überlegen und gute Planung erfolgreich zu sein. Das ist auch richtig für all die Dinge, die wir durch gründliches Überlegen und gute Planung bewerkstelligen können.
Agiles arbeiten hat seine Heimat in den Gefilden, in denen gründliches nachdenken und analysieren nicht zielführend ist. Die Sachverhalte sind so komplex, dass wir nicht im Vornherein alles bedenken können. Daher nutzen wir Methoden, die für die Lösung von Fragestellungen in komplexen Umfeldern geeignet sind.
…sondern wissenschaftlich an die Sache herangehen
Hierzu gehört zielgerichtetes Experimentieren. Und aus diesem Experiment können wir dann unsere Schlüsse ziehen. Wir können Hypothesen bestätigen oder verwerfen, und so mehr über etwas lernen, das wir bisher noch nicht wissen. Die gewonnenen Erkenntnisse nutzen wir dann für die weitere Entwicklung. Ihr habt also keinen Fehler gemacht, den es zu vermeiden gilt. Sondern ihr habt euch geirrt. Das dies nicht dasselbe ist, erläutern wir euch in diesem Blogartikel.
Mit Freude Arbeit wegwerfen
So kann es zum Beispiel auch in der in der Frage genannten Etappe 5 sein. Ich habe zu dem Zeitpunkt erst verstanden, dass ich ein ungeeignetes Fundament gebaut habe. Ich hatte vorher nicht das notwendige Wissen dazu. Und nun, wo ich diese Erkenntnis habe, kann ich damit arbeiten. Da hilft es immer gut miteinander hin zu schauen. Haben wir das vorher wirklich nicht gewusst? Welche Annahmen haben wir getroffen, die in dem Fall hinderlich waren? Tun wir das häufiger? Was können wir in Zukunft anders/besser machen?
Hier helfen die agilen Ereignisse dem Team und mit euren Stakeholdern regelmäßig hinzuschauen und mit den gewonnenen Erkenntnissen weiterzuarbeiten und diese als Grundlage für Entscheidungen zu nutzen. Auch wenn das bedeutet, dass man die Arbeit von vier Sprints wegwerfen muss. Freut euch darüber, dass ihr das frühzeitig herausgefunden habt.
Dina Sierralta Espinoza hat von 2017 – 2021 als Beraterin im Team von smidig mitgearbeitet. Heute ist sie als Scrum Masterin bei Dataport tätig. Dina ist Mitautorin von „Daily Play. Agile Spiele für Coaches und Scrum Master.“