Aktiv Zuhören – ein Klassiker der Gesprächsführung

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Unser Gastautor Lars Büsing schreibt über Aktiv Zuhören.

Aktiv Zuhören ist eine einfache Gesprächstechnik, die darauf basiert, das Gehörte in eigenen Worten wiederzugeben und durch die Bestätigung des Gegenübers abzusichern, es richtig verstanden zu haben. Für das Gegenüber bietet dieses Vorgehen zum einen die Gelegenheit in seinem Redefluss auszuruhen und zum anderen die Sicherheit, Verstanden zu sein. Vor allem Vielredner:innen, die vom ‚Hölzchen auf’s Stöckchen‘ kommen, empfinden dies als wohltuend (ebenso wie deren Gesprächspartner:innen).

Fragen und Nachfragen ist die perfekte Ergänzung dazu. Diese Gesprächstechnik besteht aus einem Fragekanon, der es der Gesprächsführung ermöglicht, durch Perspektivwechsel Impulse zur Exploration eines Themen/Problemfeldes zu setzen:

  • „Was gehört noch dazu? (in die Breite)“
  • „Was genau ist ein Aspekt davon? (in die Tiefe)“
  • „Was würde ein:e Expert:in/Nutzer:in/ein:e Bekannte:r dazu sagen? (andere Perspektive).

Der Charakter der Fragen ist dabei eher neutral und offen und vor allem immer: Ernst gemeint! Wer fragt, sollte auch etwas erfahren wollen und dabei wohlwollend neugierig sein.

Neurowissenschaftlicher Hintergrund zum Aktiv Zuhören

Das Gehirn ruft auf Reize von Außen (was wir hören, sehen, mitfühlen) Informationen aus dem Gedächtnis ab, um einzusortieren, zu bewerten und Aktionen zu entwerfen, die dann ggf. zur Ausführung kommen. Das geschieht sehr schnell und automatisch und ist ein Überbleibsel aus der Evolution. Lange nachdenken war gefährlich und verbrauchte schwer ersetzbare Energieressourcen. Dieses automatische Gehirn wirkt auch in Gesprächen. Wir wollen nicht lange nachdenken oder explorieren, was das Gegenüber gesagt hat, sondern deuten automatisch Tonfall, Inhalte, Gesichtsausdruck und Körperhaltung sowie den sozialen Status und eine Reihe anderer Signale, die wir aufnehmen. Daraus setzt sich unsere Wahrnehmung und die daraus folgende Bewertung und Reaktion auf das Gesehene/Gehörte/Empfundene zusammen.

Wenn wir eine Unklarheit oder eine Frage mit uns herumtragen, findet das Nachdenken oder die ‚innere‘ Lösungsuche meist in einem sehr kleinen und begrenzten Bereich des Gehirns statt. Große Areale des Gehirns, in denen sich die Antwort verbergen könnten, werden nicht genutzt oder nicht angesprochen. Dies umso mehr, wenn wir unter Stress oder gar Angst geraten. Antworten oder Lösungen finden wir häufig, wenn unsere Aufmerksamkeit ungerichtet ist („Die gute Idee auf dem Spaziergang“) und/oder wenn wir aussprechen, was wir in uns bewegen. Mit einmal ist die Lösung da, sie kommt quasi aus dem Nichts.

Explorieren statt Reagieren

„Aktiv Zuhören“ und „Fragen und Nachfragen“ sind Gesprächstechniken, die es dem Fragenden ermöglichen, nicht automatisch auf Gehörtes zu reagieren sondern herauszufinden, was wirklich ist. Erst wenn wir durch zusätzliche Informationen von außen (was wir sehen, hören, mitfühlen) das Anliegen des Anderen so erfassen, wie es ist, können wir uns mit der Lösung beschäftigen. Unser inneres Bild rundet sich und wird klarer.

Spiegelbildlich sind die Instrumente für die befragte Person eine Möglichkeit, zu explorieren, was ihr Anliegen wirklich ist und welche intuitiven oder rationalen Lösungen sich eröffnen können. Auch für sie rundet und klärt sich die innere Frage. Häufig ist dies schon ausreichend, um eigene Lösungen zu finden. Die so Befragten brauchen dann keinen lösenden ‚Ratschlag‘ von außen (mehr).

Zugewandte Gesprächsführung auf Augenhöhe

Beide Herangehensweisen ermöglichen eine zugewandte Gesprächsführung und in einem Gespräch können ‚auf Augenhöhe‘ Unklarheiten und Fragestellungen exploriert bzw. Klärungen und Lösungen erreicht oder vorangebracht werden. Diese Hinwendung auf Augenhöhe ist um so wichtiger, da >Hilfsangebote vom Empfänger durchaus als Bedrohung des Selbstwertes oder der eigenen Autonomie empfunden werden können.

Lars Büsing hat smidig mitgegründet und von 2012 – 2017 als Berater im Team mitgearbeitet. Heute ist er als Senior Agile Coach bei der Techniker Krankenkasse tätig.

Dieser Blogartikel ist zuerst auf learnical.com erschienen (7. Mai 2013) – Version 1.2.